Der Aufklärer im Auftrag der Sparkasse
lokalist unermüdlich. Till Brutzer bekämpft Telefonbetrüger im Auftrag der Sparkasse – mit Geduld, Hartnäckigkeit und unermüdlicher Aufklärung. Ein zäher Kampf. Doch es hilft.
Falsche Enkel:innen. Falsche Polizist:innen. Falsche Liebe. Falsche Gewinne. „Die meisten Menschen halten sich für viel zu clever, um auf eine Betrugsmasche hereinzufallen. Das ist ein Trugschluss“, sagt Till Brutzer, Spezialist für Betrugsprävention bei der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau. „Die Täter:innen wissen genau, wie sie an Menschen herankommen. Sie nutzen alle psychologischen Tricks, um ihr Ziel zu erreichen.“
Betrugsfälle übers Telefon werden seit Jahren immer öfter registriert. „Zuletzt nahm die Zahl explosionsartig zu“, betont Brutzer. 2013 seien in Baden-Württemberg 36 Fälle von falschen Polizisten oder Polizistinnen gemeldet worden. Sechs Jahre später habe sich deren Zahl vervielfacht: „2019 waren es 13.878 Fälle.“ Gleiches berichtet Brutzer über Schockanrufe: Zwischen 2020 und 2021 verzeichnete das Polizeipräsidium Freiburg ein Plus von 585 Prozent. Im Rest des Landes sieht es ähnlich aus.
Gut zu wissen:
15 Betrugsfälle deckte die Abteilung der Geldwäsche und Betrugsprävention der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau im vergangenen Jahr auf.
Die meisten Menschen dürften auf solche Betrugsversuche genauso reagieren, wie es der Betrugsspezialist empfiehlt: „Einfach auflegen. Unhöflich sein ist in diesem Fall nicht unhöflich.“
Die Schockanrufe kommen in Wellen
Doch erschreckend oft erbeuten die Täter:innen Ersparnisse oder Wertgegenstände. 15 Betrugsfälle deckten Mitarbeitende der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau im vergangenen Jahr auf. Die Opfer hatten noch nichts von dem Betrug gemerkt, erklärt der Sparkassenmann: „Teils konnten wir Gelder retten oder zumindest den fortgesetzten Betrug beenden. Insgesamt haben wir im vergangenen Jahr Schäden von mehreren 100.000 Euro verhindert.“
Die Mitarbeiter:innen der Sparkasse sind inzwischen geschult und sensibilisiert, damit sie bei Verdachtsfällen oder Anfragen von Kund:innen reagieren können, erklärt Brutzer. 2020 konnte die Polizei einen Täter festnehmen, dank der Hinweise aus der Sparkasse. Doch geändert haben solche Fahndungserfolge nicht viel: Die Schockanrufe kommen nach wie vor in Wellen. Immer öfter. Immer mehr. Und fluten die Wohnzimmer.
„Insgesamt haben wir im vergangenen Jahr Schäden von mehreren 100.000 Euro verhindert.“
Till Brutzer, Spezialist für Betrugsprävention bei der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau
Dabei ist es gleich, ob Schockanruf, Enkeltrick oder das sogenannte Lovescamming, der modernen Variante des Heiratsschwindels, bei dem per Internetkontakt eine Liebesbeziehung vorgespielt wird, um Geld abzugreifen. Die Betrüger sind professionell und kennen keine Skrupel: „Was es für einen Menschen bedeutet, Geld und oft auch das Gesicht zu verlieren, ist denen egal.“
Betroffene nimmt es oft extrem mit
Besonders krass sei, so Brutzer, der Fall einer 40-jährigen Frau aus der Region, die einem Liebesbetrüger aufgesessen war. „Sie hatte den Täter über eine Internetplattform kennengelernt und ihm über einen längeren Zeitraum insgesamt etwa 52.000 Euro überwiesen.“ Obwohl sie ihren vermeintlichen Freund im wahren Leben nie getroffen habe, sei sie überzeugt gewesen von der Beziehung. „Sie kannte ihn fast ein Jahr, bis ihr nach unseren Hinweisen aufging, dass alles ein Betrug ist“, sagt Brutzer. Menschlich mache ihn das fassungslos: „Da stürzt das Leben ein Stück weit ein. Es geht um weit mehr als nur ums Geld. Die Menschen nimmt es extrem mit.“ Ein anderer Kunde wurde um 99.000 Euro erleichtert, ehe er einsah, einem Betrug zum Opfer gefallen zu sein.
Der Schockanruf ist laut Brutzer derzeit die wohl beliebteste telefonische Betrugsvariante. Bei Sabine Schnitzer aus Freiburg, Kundin der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, kam „der Anruf“ an einem Freitagnachmittag im November. Ihren richtigen Namen möchte sie nicht nennen, aber dazu beitragen, „dass anderen nicht das Gleiche passiert.“ Ein „typisches Opfer“ gebe es nicht, sagt Brutzer: „Alle können auf Betrug hereinfallen. Ich schließe nicht aus, dass mir sowas selbst passiert, obwohl ich die Maschen kenne.“
Bei den Angerufenen setze das logische Denken aus, weil die versierten Täter genau wüssten, wie sie Menschen unter Druck setzen können.
Auch Sabine Schnitzer war sicher: „Ich falle auf sowas nicht herein. Ich fühlte mich aufgeklärt und vorsichtig genug. Was ich nicht wusste, war, über welche Möglichkeiten Betrüger verfügen.“ Schnitzer ist Mitte 60 und wohnt mit ihrem Mann in idyllischer Lage am Waldrand. „Als ich den Hörer abnahm, hörte ich jemanden weinen. Ich habe noch nie ein derart verzweifeltes, erschütterndes Weinen gehört.“
Dann brach durch das Weinen eine Stimme, die sie kennt. „Die Stimme von L., meiner Tochter. Ich war mir absolut sicher.“ Die vermeintliche L. sagte, von Weinkrämpfen unterbrochen: „Ich habe eine Frau überfahren“. Dann übernahm ein Mann, gab sich als Polizist aus: „Die Frau ist gerade im Krankenhaus verstorben. L. kommt jetzt in Untersuchungshaft.“ Er verlangte eine mittlere fünfstellige Summe als Kaution, damit L. aus der Untersuchungshaft entlassen werden könne. Das Geld solle beim Amtsgericht hinterlegt werden – und zwar schnell, das Gericht schließe bald.
Angst aufbauen, Zeitdruck erzeugen.
„Das sind die Klassiker“, sagt Brutzer: „Schocken, Angst aufbauen, Zeitdruck erzeugen.“ Auch Schnitzer war skeptisch: „Mein Verstand sagte: Betrug. Gehört habe ich aber die Stimme meiner Tochter. Diese sinnliche Wahrnehmung hat mich dazu gebracht, wider besseren Wissen zu handeln“, sagt sie. Was den Täter aus ihrer Sicht glaubhaft erscheinen ließ: „Ich glaubte, die Stimme zweifelsfrei zu erkennen. Und außerdem forderte mich der Mann nicht auf, das Geld zu übergeben, sondern beim Amtsgericht zu hinterlegen.“
„Mein Verstand sagte: Betrug. Gehört habe ich aber die Stimme meiner Tochter.“
Sabine Schnitzer, Kundin der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, über ihre Erfahrung eines Schockanrufs
Der vermeintliche Polizist forderte Frau Schnitzer auf, ihre Sparkasse anzurufen, um dort das Geld abzuholen. „Die Sparkassenmitarbeiterin sagte, so viel Geld sei nicht vorrätig. Sie fragte, ob die Möglichkeit eines Enkeltricks bestehe. Ich verneinte.“ Per Handy lotste der Mann sie zum Beratungscenter der Sparkasse in Freiburg – sie dürfe das Gespräch nicht unterbrechen, er müsse mithören: „Die Sparkassenmitarbeiterin dort wies mich ebenfalls auf die Möglichkeit eines Schockanrufs hin. Ich verneinte abermals. Sie sagte dann, dass sie nur wenig Bargeld vorrätig habe und sie mir nur einen Bruchteil der Summe auszahlen könne.“
Auch das sei üblich, sagt Brutzer: „Wir können unsere Kunden eindringlich warnen, ihnen jedoch nicht verweigern, das Geld auszubezahlen.“ Hier endet die Geschichte – glücklicherweise gut. Der vermeintliche Polizist beendete das Telefonat: „Das Geld reicht nicht!“ Direkt danach rief Frau Schnitzer ihre Tochter an. L. nahm ab. Sie wollte nur wissen: „Was ist eigentlich los?“
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