Sparkasse fördert die Digitalisierung im Deutschen Tagebucharchiv
lokal ist Geschichte bewahren. Für die Anschaffung eines neuen Buchscanners haben wir im November 1.000 Euro an das Deutsche Tagebucharchiv in Emmendingen gespendet.
Mit einer Spende von 1.000 Euro unterstützt die Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau das Deutsche Tagebucharchiv in Emmendingen beim Erwerb eines neuen „Bookeye 5 Scanners“. Dieses Gerät hilft dem Archiv, seine wertvolle Sammlung autobiografischer Zeugnisse noch effizienter zu digitalisieren und damit für Wissenschaft und Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Das Tagebucharchiv gilt als einzigartiger Bewahrer privater Erinnerungen aus dem deutschen Sprachraum. Hier werden unveröffentlichte Tagebücher, Lebenserinnerungen und Briefe von nicht-prominenten Personen archiviert und für die Geschichts- und Kulturforschung bereitgestellt. Mit über 27.000 Dokumenten von mehr als 5.800 Autoren leistet das Archiv einen bedeutenden Beitrag zur Alltags- und Mentalitätsgeschichte und ist eine wertvolle Quelle für Forscher und Interessierte weltweit.
„Einrichtungen wie das Deutsche Tagebucharchiv sind unschätzbare Gedächtnisse der Gesellschaft,“ betont Helge Siewert, Leiter des Sparkassen-BeratungsCenters Emmendingen, bei der Spendenübergabe. „Wir freuen uns sehr, die Digitalisierung dieser wertvollen Zeitzeugnisse mit unserer Spende voranzubringen und das Archiv in seiner wichtigen Arbeit zu unterstützen.“
„Diese Schätze dauerhaft bewahren“
Dank des neuen Scanners wird das Archiv in der Lage sein, mehr Dokumente in hoher Qualität zu digitalisieren und gleichzeitig den Schutz der Originale zu gewährleisten. „Die Digitalisierung hilft uns, diese Schätze dauerhaft zu bewahren und sie auch Forschern aus aller Welt zugänglich zu machen,“ erklärt Marlene Kayen, Vorsitzende des Deutschen Tagebucharchivs. „Das Gerät ermöglicht hochauflösende Scans, die als Grundlage für Transkriptionssoftware dienen – eine unverzichtbare Unterstützung für die wissenschaftliche Auswertung unserer Bestände.“
Die Geschichte des Deutschen Tagebucharchivs ist geprägt von zivilgesellschaftlichem Engagement und dem Einsatz von über 100 ehrenamtlichen Mitarbeitern, die mit Leidenschaft und Präzision daran arbeiten, jedes einzelne Dokument zu erschließen. Für ihre herausragende Arbeit und den kulturellen Wert wurde das Archiv im Jahr 2019 als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ ausgezeichnet.
„Als Sparkasse liegt uns die Förderung lokaler Kulturprojekte besonders am Herzen,“ fügt Helge Siewert hinzu. „Das Tagebucharchiv leistet eine einzigartige Arbeit und wir sind stolz, einen Beitrag zur Bewahrung dieser kulturellen Schätze zu leisten.“
Mit der Digitalisierung der Bestände geht das Deutsche Tagebucharchiv einen zukunftsweisenden Weg. Dank der verbesserten Infrastruktur können bald noch mehr Dokumente, die teils aus dem 18. Jahrhundert stammen, in digitaler Form vorliegen und so Forschern weltweit unkompliziert, aber unter Beachtung des Daten- und Persönlichkeitsschutzes zur Verfügung gestellt werden.
Interview mit Marlene Kayen, Vorsitzende des Deutschen Tagebucharchivs.
Frau Kayen, was macht das Deutsche Tagebucharchiv so wichtig?
Marlene Kayen » | Es ist einzigartig! Wir beherbergen eine stetig wachsende Sammlung von Tagebüchern, Briefen und Lebenserinnerungen aus dem deutschen Sprachraum, die bis in das 18. Jahrhundert zurückreichen. Wir bewahren diese private Erinnerungen auf und machen diese autobiografischen Zeugnissen der Wissenschaft und der Allgemeinheit zugänglich.
Das Archiv wurde 1998 gegründet und steht inzwischen unter Denkmalschutz – wieso?
» | Im Jahr 2019 wurde das Tagebucharchiv als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ in das Denkmalbuch des Landes Baden-Württemberg eingetragen. Das war eine große Anerkennung für unsere Arbeit. Dieser Status bestätigt den besonderen Wert unserer Sammlung für das kulturelle Gedächtnis. Die Dokumente, die wir bewahren, sind einzigartig. Mit dem Schutz und der finanziellen Förderung können wir unsere Arbeit weiterführen und die Sammlung langfristig sichern – und dadurch einen Beitrag zur Alltags- und Mentalitätsgeschichte leisten. Eine wichtige Lücke in der historischen Forschung!
Das Tagebucharchiv ist auf dem Weg der Digitalisierung. Was war der Anlass dafür?
» | Wir haben über 27.000 Dokumente – unser Ziel ist es, diese Inhalte so aufzubereiten, dass Forscher weltweit – sei es aus Neuseeland oder China – online auf Informationen zu den Dokumenten zugreifen können. Mittlerweile ist etwa ein Viertel davon digitalisiert.
Wie kam es zu dem ersten großen Digitalisierungsschritt?
» | Vor sieben Jahren erhielten wir eine großzügige private Spende von über 20.000 Euro, die uns den Erwerb einer hierarchisch-relationalen Datenbank ermöglichte. Bis dahin arbeiteten wir mit selbst erstellten Modellen, die den steigenden Anforderungen jedoch nicht mehr gerecht wurden. Mit dieser Datenbank konnten wir beginnen, unsere Sammlung besser zugänglich zu machen. Doch schnell wurde klar: Eine gute Datenbank ist nur so wertvoll wie die Digitalisate, die in ihr abrufbar sind. Das hat den gesamten Digitalisierungsprozess angestoßen.
Welchen Beitrag leistet der neue Scanner?
» | Er erlaubt es uns, Seiten hochauflösend einzuscannen und dann mit Hilfe von KI-Software zu transkribieren. Ohne hochwertige Digitalisate kann die KI ihre Arbeit nämlich nicht leisten. Der Bookeye-Scanner ist für uns entscheidend, um effizienter zu arbeiten und mehr Dokumente digital bereitzustellen. Inzwischen haben wir ein Netzwerk von Ehrenamtlichen und Minijobbern, die uns tatkräftig unterstützen. Ein ehemaliger Steuerberater, der ehrenamtlich für uns tätig ist, scannt zum Beispiel wöchentlich Dokumente ein.
Sie erwähnten den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Wie funktioniert das in Ihrem Archiv?
» | Die Universität Freiburg, genauer gesagt Professor Rabus, hat uns vor ein paar Jahren vorgeschlagen, KI für die Transkription unserer Tagebücher zu nutzen. Seitdem arbeiten wir mit dem Programm Transkribus, das derzeit über 150 Schriftmodelle bietet. Die Ergebnisse sind beeindruckend, aber natürlich sind manuelle Korrekturen weiterhin nötig. Es passiert schon mal, dass die KI „Hörgeräte-Batterien“ als „Hörgeräte-Bakterien“ erkennt – da müssen wir dann nochmal drüberlesen!
Ist der Zustrom an handgeschriebenen Tagebüchern in Zeiten der Digitalisierung rückläufig?
» | Interessanterweise nicht – noch nicht. Viele Menschen, insbesondere aus meiner Generation, trennen sich jetzt von ihren über die Jahre gesammelten Aufzeichnungen. Das Archiv erhält regelmäßig Anfragen, und oft sind es große Sammlungen mit 50 bis 200 Heften. In diesen Fällen bitten wir die Einsender manchmal, die Dokumente selbst einscannen zu lassen, da wir mit der Flut an neuen Materialien kaum Schritt halten können.
Wie sehen Sie die Zukunft der Digitalisierung im Tagebucharchiv?
» | Der Prozess entwickelt sich ständig weiter. Mit der Integration neuer Technologien wollen wir die vollständige Digitalisierung erreichen und so die wertvollen Inhalte Forschenden weltweit zugänglich machen. Unser Ziel ist, dass ein Forscher in Neuseeland genauso einfach unsere Dokumente nutzen kann wie jemand hier vor Ort. Es ist ein langer Weg, aber mit den neuen Tools und der großartigen Unterstützung von Spenderinnen und Spendern sind wir auf dem richtigen Kurs, um die Sammlung langfristig zu bewahren und zu erweitern.