„Balance zwischen Freiheit und Regeln“

veröffentlicht am 29. Oktober 2021

lokalist ausgewogen. Warum eigentlich ist die Soziale Marktwirtschaft so erfolgreich? Und wie sieht ihre Zukunft aus? Angesichts der Herausforderungen von Coronakrise, Klimawandel und der anhaltenden Niedrigzinsphase? Darüber sprachen wir mit Dr. Wolfgang Schäuble, CDU.

 

Dr. Wolfgang Schäuble; © Deutscher Bundestag/Achim Melde

 

lokalist | Herr Dr. Schäuble, was sind für Sie die Errungenschaften der Sozialen Marktwirtschaft und warum war sie bis heute so erfolgreich?

Dr. Wolfgang Schäuble » | „Wohlstand für alle“: Das ist das Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft, und auch wenn es immer Anspruch bleibt, konnte in dieser Wirtschaftsordnung Prosperität und soziale Gerechtigkeit in einem Ausmaß erreicht werden, dass Deutschland heute Vorbild für viele Länder ist. Zu diesem Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft hat der hinter ihr stehende Ordoliberalismus erheblich beigetragen, die Freiburger Schule Walter Euckens mit ihrem realistischen Menschenbild.

 

Weshalb?

» | Sie garantiert besser als jede andere Wirtschaftslehre jene Balance zwischen Freiheit und Regeln, auf die es ankommt, wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt gewahrt werden soll. Soziale Marktwirtschaft setzt auf Eigenverantwortung, auf Maß und Mitte, sucht den Ausgleich, nicht die Konfrontation, und stellt damit einen guten Kompass für die politische Kursbestimmung dar – in ökonomischer und sozialer Hinsicht.

 

Zur Bewältigung der Corona-Krise wurden Milliardenhilfen von EU, Bund und Ländern zur Verfügung gestellt. Weitere Milliarden wird die Flutkatastrophe kosten. Und die Klimakrise wird noch Summen in ungeahnten Höhen verschlingen. Wie kann eine demokratische Gesellschaft in unserer Sozialen Marktwirtschaft solche Rekordsummen auf Dauer aushalten?

» | Die Milliardenhilfen waren zwingend notwendig. In Krisenzeiten und nach Katastrophen ist der Anstieg der Staatsschuld oft unvermeidlich. Aber solide Haushaltsführung bleibt entscheidend. Die Ausgaben müssen wieder gesenkt werden, wenn die Krise überwunden ist. Sonst droht Inflation. Und die treibt die Schere zwischen Reich und Arm auseinander, was die soziale Balance in der Gesellschaft gefährdet.

 

Wie konnte eine solche Unwucht bisher vermieden werden – trotz mehrerer Krisen?

» | Das hatte wesentlich mit unserer Entschlossenheit zu tun, eine Schuldenbremse einzuführen und deren Regeln einzuhalten. Einfach gesagt: Wir sparten in der Zeit und hatten in der Not. Das muss uns auch in der Zukunft leiten.

 

Was meinen Sie, kann die derzeit größte Aufgabe der Menschheit, die Klimakrise zu bewältigen, allein durch Bepreisung und volkswirtschaftliche Maßnahmen gelöst werden? Oder müssen die Menschen dauerhaft mit weitreichenden Verboten oder verordneten Einschränkungen rechnen?

» | Ressourcen sind knapp. Das ist eine volkswirtschaftliche Tatsache. Sie gilt auch für Umwelt und Klima. Ein schonender Umgang mit allen Ressourcen ist Voraussetzung für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Insofern sind Ökonomie und Ökologie keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille. Auch in der Klimapolitik können wir auf Marktmechanismen setzen.

 

Welche sind das?

» | Der Markt ist in der Lage, Knappheiten durch Preissignale richtig anzuzeigen und Anreize für schonenden Ressourcenverbrauch zu schaffen. Das ist beim Zertifikatehandel oder der CO₂-Bepreisung der Fall. Es gibt aber auch Situationen, in denen der freie Markt nicht helfen kann – Stichwort: Externalitäten, die sich nicht internalisieren lassen. Das wussten bereits die Begründer der Freiburger Schule. In diesem Fall braucht es staatliches Eingreifen, um einen Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie zu vermeiden. Auch dafür steht die Soziale Marktwirtschaft.

 

Wie gefährlich ist die anhaltende Niedrigzinsphase für unsere Volkswirtschaft und warum geht es uns noch so gut?

» | Niedrige Zinsen gefährden auf Dauer die Finanzstabilität. Sie belasten Banken und Sparkassen. Deren Möglichkeit, Gewinne zu erwirtschaften, hängt wesentlich von einer hinreichend großen Differenz zwischen Einlagen- und Kreditzinsen ab. Ist diese Differenz nur noch gering wie im Moment, schmelzen Gewinnmargen ab oder werden negativ. Über kurz oder lang droht so eine Bankenkrise. Das trifft besonders die Kunden der Banken, darunter Millionen Kleinanleger, die bereits jetzt unter niedrigen Zinsen leiden.

 

Was Wertverluste bedeutet …

» | … in den letzten drei Jahren haben sich Wertverluste im dreistelligen Milliardenbereich aufsummiert, und die Niedrigzinsphase ist noch nicht zu Ende. Uns geht es trotzdem noch gut und das hängt damit zusammen, dass die meisten Sparer ihr Geld momentan nicht brauchen. Sie haben es für den Ruhestand zurückgelegt, in den die geburtenstarken Jahrgänge erst gegen Ende des Jahrzehnts eintreten. Hat es bis dahin keine Zinswende gegeben, werden die Sparer allerdings Verluste realisieren. Viele könnten dann, wie Hans-Werner Sinn und andere Kritiker der Niedrigzinspolitik befürchten, „ein böses Erwachen“ erleben.

 

Welche Ereignisse könnten unsere Soziale Marktwirtschaft letztlich zum Scheitern bringen und wie kann sie für künftige Herausforderungen bewahrt und fit gemacht werden?

» | Dieser Punkt folgt aus dem vorherigen. Realisierte Milliardenverluste der Sparer können das Grundvertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Soziale Marktwirtschaft – vermutlich auch in die repräsentative Demokratie – erschüttern. Besonders, wenn sie sich in einem inflationären Umfeld abspielen, das immer mehr Experten für die nächsten Jahre vorhersagen: Zum Verlust erheblicher Anteile des Vermögens träte dann noch die schwindende Kaufkraft des Geldes. Das wäre ein doppelter Schock, der von vielen als Bruch des Wohlstandsversprechens von Ludwig Erhard gewertet würde.

 

Welche Konsequenzen hätte das?

» | Für die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft wäre das fatal. Um das Vertrauen der Menschen in die Vorteile unserer Wirtschaftsordnung zu bewahren, braucht es deshalb einerseits die Bereitschaft, Innovationen zuzulassen, offen zu sein für Neues, und andererseits die konsequente Anwendung der praxiserprobten, bewährten Rezepte von Walter Eucken und seinen Mitstreitern der Freiburger Schule. Wenn wir die Kraft zu dieser Kombination aus Neuerung und Tradition aufbringen, bin ich zuversichtlich, dass sich die Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft weiter fortschreiben lässt.

 

Herr Dr. Schäuble, vielen Dank für das Gespräch.

 

Informationen zur Eröffnung der Ausstellung „In welcher Ordnung wollen wir leben?“, am 30. Oktober 2021 um 11 Uhr finden Sie hier.

 

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