Bei Eigenbedarfskündigung nur geringe Chance

veröffentlicht am 13. Mai 2022

Ein enger Wohnungsmarkt weckt Begierden. Bei einem Mieterwechsel können die Vermieter leichter eine höhere monatliche Miete verlangen. Wenn sie die Wohnung außerdem sanieren, springt noch etwas mehr raus. Einfach so darf das Mietverhältnis aber nicht gekündigt werden. Darum nennen einige Vermieter Eigenbedarf als Kündigungsgrund, obwohl sie selbst gar nicht einziehen wollen. Lies hier, was bei einer Eigenbedarfskündigung gilt.

Eine schöne Wohnung, zentral gelegen und bezahlbar? Das gibt es in vielen Städten kaum noch. Allerdings profitieren Vermieter, die ihre Wohnung unter Umständen schon seit vielen Jahren durchgehend vermietet haben, von diesen Preissteigerungen nicht. Wollen sie die Miete deutlich anheben, müssten sie neu vermieten – möglichst, nachdem sie die Wohnung saniert haben. Weil sie aber nicht grundlos einen Mietvertrag kündigen können, hört man immer wieder von Vermietern, die Eigenbedarf als Grund angeben. Viele dieser Fälle landen vor Gericht: 2020 waren es mehr als 14.700, im Jahr 2010 nur knapp 8.000.

Wie sieht die rechtliche Situation aus?

Wenn du dich an die Regeln hältst und pünktlich deine Miete bezahlst, ist Eigenbedarf für deinen Vermieter grundsätzlich die einzige Möglichkeit, das Mietverhältnis zu beenden. Bekommst du also eine Eigenbedarfskündigung, musst du üblicherweise ausziehen. Wie lange du noch in der Wohnung bleiben darfst, hängt von der Länge deines Mietverhältnisses ab. Nach acht Jahren hast du neun Monate Kündigungsfrist, bis du ausziehen musst. Lebst du noch nicht so lange in der Wohnung, ist die Kündigungsfrist kürzer.

Gute Gründe für Eigenbedarf

Natürlich kann der Vermieter tatsächlich Eigenbedarf an der vermieteten Wohnung haben. Das ist beispielsweise der Fall, wenn

  • sich die Lebenssituation des Vermieters verändert hat. Ob nach einer Trennung oder weil er jetzt nicht mehr allein ist: Deine Wohnung könnte für seine aktuelle Lebenssituation optimal sein.
  • seine Kinder, Eltern, Großeltern, Geschwister oder Nichten und Neffen in die Wohnung ziehen wollen. Diese weitgehende Regelung gilt seit 2010. Übrigens kann eine Eigenbedarfskündigung auch für Haushaltshilfen oder Pflegepersonal geltend gemacht werden. Das hat das Landgericht Stuttgart entschieden (Az. 13 S 125/20).
  • der Vermieter bisher selbst zur Miete wohnte und jetzt mehr zahlen soll – oder selbst eine Kündigung wegen Eigenbedarfs bekommen hat.

Es gibt Ausnahmen

Unter Umständen gilt für dich aber eine der seltenen Ausnahmen: Wenn der Auszug für dich eine besondere Härte darstellt, kann es sein, dass du vor Gericht recht bekommst. Das wäre unter Umständen bei einer schlimmen Erkrankung der Fall. Allerdings müssen Mieter nach Entscheid des Bundesgerichtshofs seit 2019 ein amtliches Gutachten vorlegen, das die Erkrankung und die psychische Verfassung bewertet.

Tipp: Du solltest das Kündigungsschreiben vom Mieterbund oder einem Anwalt prüfen lassen. Vielleicht hat der Vermieter einen Formfehler gemacht, der dir zugutekommt. So hatte beispielsweise das Landgericht Berlin (Az. 67 S 249/19) geurteilt, dass „Ich brauche die Wohnung ‚für notwendige Aufenthalte in Berlin als Zweitwohnung‘“ nicht als Begründung ausreicht.

Soll die Mietwohnung übrigens nach einem Verkauf in eine Eigentumswohnung umgewandelt werden, kann der neue Eigentümer nicht so einfach Eigenbedarf anmelden. Denn er kauft das Mietverhältnis zunächst einmal mit. Wenn er die Wohnung selbst beziehen möchte, muss er Sperrfristen beachten, die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt sind.

Was, wenn du einfach nicht ausziehst?

Bei der aktuellen Wohnungssituation wäre es nur verständlich, wenn du die Kündigung einfach ignorierst. Damit ist aber keinem geholfen. Denn dann wird der Vermieter eine Räumungsklage erheben. Geben die Richter deinem Vermieter recht, kostet dich das viel Geld.

Und wenn kein Eigenbedarf vorlag?

Wenn du Monate nach deinem Auszug an deiner ehemaligen Wohnung vorbeigehst und am Klingelschild steht kein Nachname, der mit dem Vermieter in Verbindung gebracht werden kann, könntest du Anspruch auf Schadenersatz beispielsweise für deinen Umzug und den Rechtsanwalt haben. Dann allerdings musst du zunächst nachweisen, dass der neue Bewohner deiner alten Wohnung wirklich nicht mit deinem Vermieter verwandt ist. Grundsätzlich könnte der Eigenbedarf auch weggefallen sein, nachdem dein Mieter dir schon gekündigt hatte. Dann aber muss er dich darüber informieren.

Stiftung Warentest hat das Thema ausführlicher behandelt.

 

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