Faire Lohnsteuerbelastung durch Faktorverfahren

veröffentlicht am 26. Dezember 2022

Doppelverdiener-Ehepaare können mit dem Faktorverfahren den Splittingvorteil bereits beim unterjährigen Lohnsteuerabzug nutzen. Wie das funktioniert, erfahren Sie hier.

 

Zunächst einmal: Die Lohnsteuerklassenkombination von zusammenveranlagten Ehegatten hat keinen Einfluss auf die endgültige Belastung mit Einkommensteuer, die nach Ablauf des Jahres im Veranlagungsverfahren festgesetzt wird! Die monatlichen Lohnsteuerzahlungen sind lediglich Vorauszahlungen auf diese Jahres-Einkommensteuerschuld. War die Summe der von beiden Ehegatten im gesamten Jahr gezahlten Lohnsteuer höher als die tatsächliche Einkommensteuerschuld, wird die Differenz vom Finanzamt erstattet; war die Summe niedriger als die tatsächliche Einkommensteuerschuld, muss der Fehlbetrag nachgezahlt werden.

Worauf sich die Steuerklassenkombination aber sehr wohl auswirkt, ist die Höhe des unterjährigen Lohnsteuerabzuges – wirtschaftlich gesprochen also auf die Liquiditätslage der Steuerpflichtigen.

Zusammenveranlagte Ehegatten können zwischen den Steuerklassenkombinationen III/V und IV/IV wählen. Oder sich für das Faktorverfahren entscheiden, das auf der Steuerklassenkombination IV/IV beruht.

 

Auf die Relation der Abzüge kommt es an

Häufig wählen Ehegatten die Steuerklassenkombination III/V. Sie ist so gestaltet, dass die Summe der jährlichen Lohnsteuer beider Ehegatten in etwa der zu erwartenden Jahressteuer entspricht, wenn der Ehegatte in Steuerklasse III 60 Prozent, der Ehegatte in Steuerklasse V 40 Prozent des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt. Ist der Anteil des Ehegatten in Steuerklasse V dagegen geringer – was in der Praxis häufig der Fall ist –, sind seine Abzüge unverhältnismäßig hoch, während die Summe der beiden Steuerabzüge im Vergleich zur tatsächlichen Jahresteuer aufgrund des höheren Anteils des Ehegatten in Steuerklasse III trotzdem zu niedrig ist. Der Ehegatte mit Steuerklasse V empfindet seine monatliche Belastung mithin als übermäßig hoch und dennoch kommt es im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs zu einer Nachzahlung.

Bei der Steuerklassenkombination IV/IV fällt die monatliche Steuerbelastung des weniger verdienenden Ehegatten deutlich geringer aus als bei der Kombination III/V, die Gesamtbelastung des Ehepaares auf das Jahr gesehen ist aber insgesamt oftmals zu hoch. Zwar wird das im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs durch eine Rückzahlung ausgeglichen, aber bis dahin verringert sich die Liquidität der Steuerpflichtigen und sie gewähren dem Fiskus unterjährig ein zinsloses Darlehen.

 

Faktorverfahren bewirkt „passgenauen“ Lohnsteuerabzug

Um diese beiden gleichermaßen unliebsamen Effekte zu vermeiden, gibt es das Faktorverfahren. Es funktioniert folgendermaßen: Zunächst wird die voraussichtlich für beide Ehegatten im Splittingverfahren tatsächlich für das betreffende Jahr anfallende Einkommensteuer auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ermittelt. Dieser Betrag wird durch die Summe der voraussichtlich von beiden Ehegatten zusammen für das gesamte Jahr bei der Lohnsteuerklassenkombination IV/IV zu zahlenden Lohnsteuer dividiert. Ergibt sich dabei ein Faktor, der kleiner ist als eins, wird die bei jedem Ehegatten monatlich in Steuerklasse IV anfallende Lohnsteuer jeweils mit diesem Faktor multipliziert.

Dieses Verfahren gewährleistet, dass bei dem jeweiligen Ehegatten die ihm persönlich zustehenden Steuerentlastungen und die Vorteile des Splittingverfahrens bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug berücksichtigt werden.

Die Summe der über das Jahr von beiden Ehegatten zusammen gezahlten Lohnsteuer entspricht beim Faktorverfahren weitgehend derjenigen Einkommensteuer, die auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im entsprechenden Jahr fällig wird. Im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs kommt es deshalb nur noch zu geringfügigen Erstattungen oder Nachzahlungen.

 

Höherer Nettoarbeitslohn sichert staatliche Leistungen

Auch außersteuerliche Gründe können für die Wahl des Faktorverfahrens sprechen. So bildet zum Beispiel der Nettoarbeitslohn die Grundlage für Arbeitslosengeld und weitere Leistungen der Agentur für Arbeit, wie zum Beispiel Elterngeld, Überbrückungsgeld, Insolvenzgeld und Kurzarbeitergeld. Wer mit Kündigung oder Kurzarbeit rechnen muss oder Nachwuchs erwartet, sollte dies bei der Steuerklassenwahl berücksichtigen.

 

Steuerklassenkombinationen IV/IV und III/V bleiben aktuell

Für Ehepaare, die möchten, dass im Laufe des Jahres möglichst wenig Lohnsteuer einbehalten wird, bleiben die Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV nach wie vor eine Option. Bei welcher Kombination insgesamt der geringste monatliche Steuerabzug zu Buche schlägt, muss im Einzelfall geprüft werden. Entsprechende Berechnungen können auf einer Webseite des Bundesfinanzministeriums durchgeführt werden.

 

Faktorverfahren muss alle zwei Jahre beantragt werden

Damit das Faktorverfahren zur Anwendung kommt, müssen beide Ehegatten gemeinsam einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Finanzamt stellen. Der ermittelte Faktor gilt zwei Jahre lang und muss nach Ablauf dieser Frist neu beantragt werden. Ändern sich die Bruttoarbeitslöhne, können die Eheleute die entsprechende Neuberechnung des Faktors auch innerhalb des zweijährigen Geltungszeitraums beantragen.

 

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