„Wir vergessen allzu leicht“

veröffentlicht am 26. Juli 2023

lokalist Erinnerung. Ende 2024 soll das Dokumentationszentrum Nationalsozialismus in Freiburg starten. Bereits vor der Eröffnung organisiert das Zentrum die Schau „Auftakt des Terrors“ von August bis Anfang September in der Meckelhalle des Sparkassen-FinanzZentrums Freiburg. Der lokalist sprach mit der wissenschaftlichen Leiterin Julia Wolrab.

 

lokalist | Welche konkreten Ziele verfolgt das neue Dokumentationszentrum Nationalsozialismus?

Julia Wolrab » | Schon seit Beginn der Planungen werden an das künftige Dokumentationszentrum unterschiedliche, berechtigte Erwartungen gerichtet, die sich in einer Multifunktionalität des Hauses widerspiegeln werden. Es wird ein Ort der Information sein, mit einer Dauerausstellung über die Zeit des Nationalsozialismus und wechselnden Sonderausstellungen.

 

Und Sie wollen Anlaufstelle für Dokumentation und Forschung sein?

» | Das ist besonders wichtig. Hierfür wollen wir mit Universitäten in Deutschland, Frankreich und der Schweiz kooperieren sowie mit bundesweiten Archiven und Forschungseinrichtungen zur Zeit des Nationalsozialismus. Das Haus wird aber auch einen zentralen Erinnerungsort an die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft beherbergen, der die Möglichkeit des stillen Gedenkens bietet. Das Dokuzentrum schafft außerdem einen Bildungs- und Diskussionsraum, um sich für Demokratie und Diversität in unserer Gesellschaft einzusetzen. In diesem Zusammenhang sind Podiumsdiskussionen, Lesungen und Workshops sowie digitale Vertiefungsangebote für eine breite Öffentlichkeit geplant.

 

Julia Wolrab ist wissenschaftliche Leiterin des Dokumentationszentrums Nationalsozialismus

 

Wie sind die Nachkommen der Verfolgten in das Projekt einbezogen?

» | Am Aufbau des Dokumentationszentrums sind sehr viele Personen und Initiativen beteiligt, die sich in den meisten Fällen ehrenamtlich für das Projekt einsetzen. Die Idee dazu ist auf das bürgerschaftliche Engagement, u. a. von Marlis Meckel zurückzuführen, die sich seit vielen Jahren für einen solchen Ort in Freiburg stark gemacht hat. In den Gremien sind – und das ist für die Arbeit essenziell – Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinden, des Sinti-Vereins, des Roma Büros, und viele weitere mit eingebunden. Darüber hinaus stehen wir auch in direktem Kontakt zu Familien, deren Angehörige von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Die Unterstützung und das Vertrauen der Nachkommen bilden die Grundlage unserer Arbeit und sind mein persönlicher Antrieb.

 

Fast 80 Jahre liegt das Ende des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust zurück. Es mehren sich Stimmen, auch aus dem europäischen Ausland, dass Deutschland aus seiner Schuldnerrolle für seine dunkle Geschichte des Nationalsozialismus heraustreten und Führung über-nehmen solle. Was halten Sie davon?

» | Solche Aussagen zu lesen, macht mich persönlich sehr betroffen, es macht mir sogar Angst. Wir als nachgeborene
Generationen haben keine „Schuld“ an den nationalsozialistischen Verbrechen unserer Eltern- und Großelterngeneration, aber die Verantwortung, uns mit unserer Geschichte auseinanderzusetzen und weiter zu forschen. Wenn ich mit den überlebenden Verfolgten oder ihren Nachkommen spreche, führt mir das jedes Mal vor Augen, wie gewaltvoll und unvergleichlich grausam dieses Menschheitsverbrechen gewesen ist.

 

Wirken diese Erfahrungen bis heute nach?

» | Ja, bis in die Gegenwart – übrigens auch auf der Seite der Täterinnen und Täter. Dabei vergessen wir allzu leicht, dass die Erfahrungen von Millionen von Menschen nicht mehr erzählt werden können, weil sie nicht mehr bei uns sind oder ermordet wurden. Und wir vergessen auch, dass Antisemitismus oder rassistisches Denken nach 1945 nicht einfach verschwunden sind.

 

Es geht darum, hierfür sensibel zu sein?

» | Genau. Und auch darum, das Leid und die Trauer, genauso wie den Widerstand der Menschen anzuerkennen, die verfolgt wurden. Durch wissenschaftliche Forschung und juristische Aufarbeitung müssen historische Prozesse und Verantwortlichkeiten offengelegt werden, um zu erklären, warum nationalsozialistische Verbrechen möglich waren.

 

Was genau wird in der Dauerausstellung am Rotteckring gezeigt?

» | Wir beleuchten die Geschichte des Nationalsozialismus in Freiburg und der Region anhand konkreter Orte, Ereignisse und Biografien. Chronologisch aufgebaut beginnt die Dauerausstellung bereits mit der Zeit der Weimarer Republik ab 1918, um auch die Vorgeschichte bis 1933 in den Blick nehmen zu können.

 

Und sie endet 1945?

» | Mit dem Kriegsende? Auf keinen Fall! Die Ausstellung reicht bis in unsere Gegenwart. Wir wollen die Auseinandersetzung und (Nicht-)Aufarbeitung nach 1945 thematisieren und auch die Frage stellen, welche Relevanz die Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus für unsere Gegenwart besitzt – vor allem im Hinblick auf aktuelle Gefährdungen einer pluralen Gesellschaft.

 


Sonderausstellung

Auftakt des Terrors – Frühe Konzentrationslager im Nationalsozialismus
3. August bis 12. September 2023
in der Meckelhalle des Sparkassen-FinanzZentrums Freiburg

 


 

Was ist in der Ausstellung „Auftakt des Terrors – Frühe Konzentrationslager im Nationalsozialismus“ zu sehen?

» | Die Ausstellung „Auftakt des Terrors“ ist ein Gemeinschaftsprojekt von 17 Gedenkstätten und Lernorten aus dem gesamten Bundesgebiet, die sich in der Arbeitsgemeinschaft „Gedenkstätten an Orten früher Konzentrationslager“ zusammengeschlossen haben. An der Konzeption beteiligt waren u.a. der Lernort Kislau sowie das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg in Ulm. An elf Themenstationen beleuchtet die Ausstellung „Auftakt des Terrors“ die Rolle und Funktion, die den frühen Konzentrationslagern in der Zeit des Nationalsozialismus zukam. Anhand zahlreicher Biografien von Verfolgten und Tätern zeigt sie auf, wie diese Lager zur Errichtung und Absicherung der nationalsozialistischen Herrschaft beitrugen. Im Rahmen der Ausstellung in Freiburg arbeiten wir eng mit dem Lernort Kislau zusammen und bereiten ein gemeinsames Begleitprogramm vor.

 

Dokumentationszentrum Nationalsozialismus
Das neue Dokumentationszentrum der Städtischen Museen Freiburg soll Ende 2024 im ehemaligen Verkehrsamt am Rotteckring öffnen. Weitere Infos finden Sie hier

 

Fotos: SZ-Photo, 00007276, Foto: Scherl; Achim Käflein; Lernort Kislau e. V.

 

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