„Menschen wird es immer brauchen.“ – Erich Greil verabschiedet sich in den Ruhestand
lokalist auf Augenhöhe. Erich Greil, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, verabschiedet sich in den Ruhestand. Im Gespräch blickt er auf besondere Zeiten zurück und antwortet auf die Frage: Was bringt die Zukunft?
lokalist | Herr Greil, Sie kamen 2002 aus München zu uns und waren 21 Jahre im Vorstand. Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Erich Greil » | Das Großprojekt Euro-Einführung hatten wir damals gerade hinter uns. Aufgefallen ist mir, dass wir in diesen zwei Jahrzehnten vitale Krisen am laufenden Band hatten: Anfang des Jahrtausends platzte die „Dotcom-Blase“, was eine Rezession mit fast fünf Millionen Arbeitslosen auslöste. Kaum war das überwunden, stand im Sommer 2007 die nächste Krise vor der Haustüre, die alles bisher Gekannte in den Schatten stellte, die weltweite Finanzkrise.
Die ja in den USA begann, wo die Banken massenweise Immobilienkredite verkauft hatten …
» | … und zwar auch an Kunden, die ihre Schulden offenkundig niemals zurückzahlen können! Das setzte eine globale Dynamik in Gang. Erstes Opfer in Deutschland war die IKB. Das Ganze gipfelte in der Insolvenz von Lehman Brothers.
„Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis jeder funktionierenden Geschäftsbeziehung. Hierzu wird es immer den Menschen brauchen.“
Erich Greil, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau
Dann erholte sich die deutsche Wirtschaft …
» | … um gleich darauf von der Eurokrise gebeutelt zu werden. Anschließend kam die Flüchtlingskrise, dann Corona und zuletzt der Krieg in der Ukraine. Ehrlich, ich bin stolz, dass wir unsere Sparkasse gut durch all diese Stürme manövriert haben. Wir sind heute solider aufgestellt denn je.
Welche Menschen haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen?
» | Für mich gehen 21 glückliche Jahre als Vorstand zu Ende. Es waren vor allem die vielen alltäglichen Begegnungen mit Kunden und unseren Mitarbeitenden, die im Sinn bleiben. Es ist toll zu sehen, wie unsere Kolleginnen und Kollegen täglich ihr Bestes für unsere Kunden geben. Mir sind besonders diejenigen wichtig, die nicht im Rampenlicht stehen. Die Sparkasse stünde still, würden unsere Hausmeister morgens nicht pünktlich die Türen im FinanzZentrum aufsperren.
Welche Rolle spielt der Mensch im Banking der Zukunft? Gilt der Spruch „Banking is people“ noch im Zeitalter der KI?
» | Wir erleben diesen Wandel durch die zunehmende Digitalisierung bereits seit einigen Jahren. Finanzgeschäfte haben aber immer etwas mit Vertrauen zu tun. Gegenseitiges Vertrauen ist die Basis jeder funktionierenden Geschäftsbeziehung. Hierzu wird es immer den Menschen brauchen. Künstliche Intelligenz wird uns sicherlich bei der Suche nach den richtigen Lösungen und Produkten helfen. Viele Routinetätigkeiten und Dienstleistungen in unserer Branche sind dank der Digitalisierung inzwischen automatisiert. Das hat Vorteile.
Etwa das Online Banking?
» | Genau. Kein Kunde muss heutzutage mehr den Weg in die Filiale auf sich nehmen, um seinen Kontostand zu erfragen. Und wir können die wertvolle Zeit unserer Berater und Beraterinnen für die anspruchsvollen Beratungsthemen nutzen. Daraus ergibt sich aber auch eine andere Anspruchshaltung der Kundinnen und Kunden.
„Gute Beratende haben sich früher über das Fachwissen definiert. In Zukunft kommt es stärker auf Sozialkompetenz und routinierten Umgang mit digitalen Medien an.“
Erich Greil, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau
Inwiefern?
» | Wenn Sie alles bequem rund um die Uhr online erledigen können, möchten Sie von Ihrer Bankberaterin nicht bedient werden, wie von einem Roboter. Sie möchten ein Gegenüber, das voll und ganz auf Sie eingeht, auf Augenhöhe, und empathisch ist. Andererseits muss ein Berater heutzutage in der Lage sein, telefonisch oder per Videochat zu beraten. Gute Beratende haben sich früher über das Fachwissen definiert. In Zukunft kommt es stärker auf Sozialkompetenz und routinierten Umgang mit digitalen Medien an. Menschen wird es aber immer brauchen.
Was würden Sie jungen Menschen heute sagen, die sich für den Beruf des Bankkaufmanns interessieren?
» | Legt los! Kürzlich hat eine Umfrage ergeben, dass die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Ausbildung zum Bankkaufmann oder zur Bankkauffrau für eine gute Berufswahl halten.
Das sehen Sie auch so?
» | Selbstverständlich. Die Ausbildung eröffnet ein ziemlich breites Spektrum für die weitere Berufswahl. Da werden Kompetenzen vermittelt, die es nicht nur in der Finanzbranche braucht, sondern auch in der Industrie, im Mittelstand und ebenso in der öffentlichen Verwaltung.
Was muss die Sparkasse als Arbeitgeberin tun, um attraktiv zu bleiben?
» | Wichtig wird sein, ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. Karriere-chancen sind das eine. Aspekte wie Gestaltungsmöglichkeiten und
Flexibilität im Arbeitsalltag werden immer wichtiger. Was das angeht, können wir uns sehen lassen. Jüngst belegten wir im „Handelsblatt“
Platz 5 im bundesweiten Ranking der besten Ausbildungsbetriebe.
Am 30. Juni war Schluss. Was sind Ihre Pläne?
» | Erstmal das klassische Urlaubsgefühl genießen! Im Juli fahre ich mit Freunden eine Woche zum Mountainbiken auf eine Berghütte in den Bayerischen Alpen – ohne fließendes Wasser, ohne Strom, ohne Handy-Empfang. Da hören Sie nur das Läuten der Kuhglocken und Vogelzwitschern. Diese Ruhe und Entschleunigung werde ich in vollen Zügen genießen. Ich bin mir allerdings bewusst, dass man als Rentner im Alltag eine gewisse Struktur braucht. An Aufgaben wird es mir nicht fehlen. Zudem möchte ich wieder mit meiner Frau mehr gemeinsam unternehmen. Das kam in der Vergangenheit oft zu kurz.
Vielen Dank für das Gespräch und eine gute Zeit für Sie und Ihre Frau.
Fotos: RAP-Media, Raphael Pietsch