Pflege zählt beim Erben mit

veröffentlicht am 28. November 2022

Viele pflegebedürftige Menschen werden von Angehörigen zu Hause versorgt, nicht selten jahrelang und mit großem Einsatz, aber dennoch unentgeltlich. In bestimmten Fällen sieht das Erbrecht dafür einen Ausgleich vor.

 

Leider lassen die Grundsätze des deutschen Erbrechts eine „automatische“ erbrechtliche Honorierung unentgeltlich erbrachter Pflegeleistungen nur in relativ engen Grenzen zu. Einen Ausgleichsanspruch haben Pflegepersonen danach aber immerhin, wenn im konkreten Fall folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es gilt die gesetzliche Erbfolge. Das heißt, der Erblasser hat kein Testament errichtet und keinen Erbvertrag geschlossen.
  • Der Erblasser wurde zu Lebzeiten von einem eigenen Kind, einem Enkel oder Urenkel gepflegt.
  • Die Pflegeperson hat für ihren Einsatz weder eine adäquate Gegenleistung vom Erblasser noch Leistungen von der Pflegeversicherung bezogen.
  • Die Pflege erfolgte während längerer Zeit, also nicht nur wenige Tage oder Wochen vor dem Tod des Erblassers.

 

Wie viel sind Pflegeleistungen wert?

Zur Höhe des Ausgleichsanspruchs bestimmt das Gesetz lediglich, dass sie der Billigkeit entsprechen muss und dabei Dauer und Umfang der erbrachten Pflegeleistungen sowie der Wert des Nachlasses zu berücksichtigen sind. In der Praxis werden mitunter die Stundensätze ambulanter Pflegedienste herangezogen; auch das ist aber nur eine vage Orientierungshilfe.

Wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, richtet sich der Anspruch des pflegenden Miterben gegen die restliche Erbengemeinschaft. Das heißt: Der entsprechende Betrag wird vom ungeteilten Nachlass abgezogen und geht vorab an den pflegenden Miterben. Erst danach wird die noch vorhandene Erbmasse anteilsmäßig unter allen Miterben verteilt.

Die gesetzliche Regelung ist in mehrfacher Hinsicht problematisch, denn

  • anspruchsberechtigt sind nur die Abkömmlinge des Erblassers. Der Ehegatte und die Schwiegerkinder, die in der Praxis besonders häufig pflegen, haben keinen gesetzlichen Anspruch.
  • die Berechnung der Anspruchshöhe im Einzelfall ist mangels genauer gesetzlicher Vorgaben sehr streitanfällig.
  • bei lang andauernder und aufwendiger Pflege kann es sein, dass der Nachlass zum großen Teil von dem Ausgleich aufgezehrt wird. Das führt häufig zu Streit unter den Miterben.

 

Honorierung der Pflegeleistungen selbst regeln

Um diese Probleme zu vermeiden, ist es ratsam, für den Fall der eigenen Pflegebedürftigkeit aktiv zu werden und die Entgeltfrage selbst zu regeln. Das kann auf zweierlei Art geschehen:

  • Die pflegebedürftige Person kann ein Testament errichten und die Pflegeperson – das kann dann auch der Ehegatte, ein Schwiegerkind oder ein nicht zur Familie gehörender Dritter sein – mit einem Vermächtnis bedenken, das ein Entgelt für die erbrachten Pflegeleistungen darstellt.
  • Alternativ dazu kann die pflegebedürftige Person einen Vertrag mit der Pflegeperson abschließen, in dem der Umfang der Pflegeleistungen und das dafür zu zahlende Entgelt geregelt sind. In diesem Vertrag kann auch vereinbart werden, dass die Auszahlung der Vergütung erst im Erbfall erfolgt. Damit es nicht zum Streit mit den Erben kommt, sollte ein solcher Vertrag stets schriftlich niedergelegt werden.

 

Pflegeleistungen dokumentieren

Kinder, Enkel und Urenkel, die Eltern oder Großeltern unentgeltlich über längere Zeit pflegen, sollten ihren Zeitaufwand und ihre Tätigkeiten unbedingt in einem Pflegetagebuch festhalten, damit sie im Erbfall ihren gesetzlichen Ausgleichsanspruch gegenüber den Miterben dem Grunde nach geltend machen und der Höhe nach beziffern können.

Aber auch wenn Pflegeleistungen aufgrund einer testamentarischen Bestimmung oder eines Vertrages mit der pflegebedürftigen Person honoriert werden, ist es empfehlenswert, ein Pflegetagebuch zu führen, um etwaigen Einwendungen der nicht pflegenden Erben entgegentreten zu können.

 

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